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Provinz RheinhessenProvinz Rheinhessen

Frühjahrswanderung in Rheinhessen  von Richard Luley

 

Wie so oft in den vergangen Jahren lockte auch in diesem Frühjahr Rheinhessen, locken die Weinbergshäuser auf der uns gegenüberliegenden Rheinseite, lockte aber auch das sehr zu Unrecht als langweilig verschrieene Rheinhessen.

Treffpunkt ist der Bahnhof in Osthofen, gleich die Wanderschuhe angezogen, den Rucksack aufgesetzt und schon wandern wir die Straße Richtung Bechtheim. Jedoch nicht weit, links in einen Hohlweg eingebogen und schon sehen wir das erste - Weinbergshaus wäre untertrieben, einen Turm, gotisch oder doch eher maurisch, ein altes Foto zeigt, dass er renoviert wurde und nun sehr gotisch wirkt, zuvor sah er tatsächlich normannisch-maurisch aus unrenoviert.

 

Das Meßtischblatt gibt 2, 3 Häuschen an die verschwunden sind, doch halt, dort zeig sich ein geräumiger rechteckiger Bau mit schön gemauerten Eckpfeilern aus rustikalen, ausdruckstarken Ziegelsteinen, dazwischen Rauhmauerwerk. Die Türöffnung und drei Fenster in die Himmelsrichtungen sind mit Sandsteingewänden versehen, in der Ecke eine kleine Nische, nach den Angeln zu urteilen war sie einst verschlossen, was sie wohl enthalten mochte ?

Wir biegen von der Strasse ab, gehen Graswege auch einmal querfeldein. Ein etwa 4 Meter hoher Lößhang macht auf sich aufmerksam, Kaninchenhang taufe ich ihn, denn viele Spuren verraten die Höhlenbewohner. Und - es erinnert ein wenig an das Haus des kleinen Hobbit, ein Schornstein der nicht mehr qualmen kann, ein eingestürztes Dach ermöglichen den Einblick in ein sehr schönes Haus mit Tonnengewölbe. Die Regalleiste an der Wand, der Stuhl der zwischen Trümmern und Löß hervorschaut, die kleinen Fenster, alles dürfte sehr bald Vergangenheit sein.

 

Weinberge auf Terassen, tiefergelegt, alte Mauern, Treppenaufgänge dazu ein stürmischer Wind und Abendstimmung, Irland denkt man unwillkürlich und so ist es tatsächlich. Die Trockenmauern mühsam aufgeschichtet, von Flechten überwachsen, mit ihren Nischen für Tiere und Kleinzeug haben einen eigenartigen Reiz. Es war viel Arbeit diese Mauern aufzubauen, wollte man sich vom Nachbar abgrenzen oder so vermuten wir, ein Kleinklima schaffen das für die Weintrauben noch günstiger ist. Der Mauerwein vom Kloster Eberbach kommt einem in den Sinn.

 

Große Strecken legen wir diesen Abend nicht mehr zurück, ein Turm im Weinberg gibt uns Unterkommen. Leider haben wir ohne zu fragen Quartier genommen und ein Vogel prallt entsetzt vor uns zurück, morgen früh kann der Nestbau weitergehen, keine Angst wir bleiben keine Dauergäste.

 

Am nächsten Morgen führt Alfons seine Stretchübungen durch, ich durchstöbere noch ein wenig das Gelände.

Da befindet sich unterhalb des Mauergewirrs ein Häuschen, einfach, viereckig, die Decke aus Eisenträger mit gemauerten Gewölbe -wie heißt noch der Fachausdruck dafür?- und in dem Innenraum eine Tafel aus weißem Sandstein 1903. Die beiden Spannstäbe die sich durch das Häuschen ziehen, ob sie nachträglich eingezogen wurden?

Etwas unterhalb, in den Stützhang gemauert, eine Grotte, ein Bogen der früher sicher offen war nun aber zur Hälfte vermauert, bietet sie jetzt Schutz oder bot, denn sie wurde schon lange nicht mehr benutzt.

Als Frühstücksplatz bietet sich das Westhofener Brunnenhäuschen an, das Wasser fließt reichlich. Hier hat der Sage nach der Klapperstorch die Kinder abgeholt. Erbaut im frühen Mittelalter wie eine Tafel kündet, nachdem die Quelle bereits in der Römerzeit gefaßt war. Ob wir es als römisches Weinbergshäuschen durchgehen lassen?

 

Ein Winzer bindet unermüdlich seine Reben an, das Wetter ist seit Wochen wieder einmal günstig und unterhalb des Weges ein Trullo, nicht mit dem charakteristischen spitzen Dach sondern flach ist die Decke gemauert.

Unterhalb der Stützmauer, in diese hineingemauert ein kleiner Unterstand aus Backsteinen.

 

Wir steigen etwas an, ein viereckiger Bau, immerhin kein Pultdach sondern die Betonabdeckung fällt nach beiden Seiten ab. Eine bevorzugte Lage.

 

Dann wird es richtig spannend, ein gemauertes Tonnengewölbe voll in den Hang eingegraben, links und rechts von der Tür schießschartenähnliche Fenster. Die Eingangstür ist aus Eisenbändern und zeigt ein jugendstilähnliches Ornament. Innen an drei Seiten eine gemauerte Bank, wir finden ein hölzernes Behältnis das sich nach eingehender Besichtigung als Futtertrog herausstellt.

Oberhalb dieser Fundstelle wieder ein viereckiges Ziegelsteinhäuschen mit Betondach aber welch eine elegante Form der Dachneigung:

 

Direkt am Weg, ein Tonnengewölbe, mit Reben bewachsen d.h. sie werden noch wachsen und ein Name und eine Jahreszahl      Udo Ochs  -1949 -

 

Eine Stützmauer entlang balancierend, einen Weinberg querend, finden wir am Hang einen Turmstumpf dessen interessantes Dach, es fällt stark und bildet in der Mitte eine Rinne, zum lagern und zum übernachten einlädt. Im Inneren eine gemauerte Rundumbank und zwei Schießschartenfenster. Es steht auf der Höhe vor der Gundersheimer Lage Höllenberg.

 

Gundersheim

Mein Wandergenosse liebäugelt mit einem schönen Wein zum Abend, ich fühle mich durch die Fastenzeit gebunden, lasse mich dann zum Weingut Hahn einladen und muß prompt probieren. Wein und Unterhaltung mit der Winzermeisterin haben sich gelohnt. Kalkmergelböden, sehr gute klimatische Lage; die Weinkönigin, in Flonheim lebend hat sich sehr für den Erhalt der Rheinhessischen Weinbergshäuser eingesetzt, und eine Frau hat sich, wie wir später in Dalsheim feststellen, einen letzten Wunsch, einen Turm im Weinberg erbauen lassen.

Wir wandern hinaus aus dem Ort, wechseln einige Worte mit den, von uns Wanderern sichtlich angetanen, Winzern und treffen einen weiteren Trullo und einen zweiten. Wieder verspricht das Meßtischblatt mindestens 9, 10 Häuser also auch eine Übernachtungsmöglichkeit

 

Wir werden enttäuscht, endlos zieht sich der Betonweg, die Flurbereinigung scheint gegriffen zu haben, wir müssen bis Osthofen weiterlaufen und merken „die Kilometer," eine lange Rast, es wird Zeit, der Abend zieht schnell herauf.

Osthofen liegt vor uns, im Halbdunkel schreiten wir an einem Viereckbau vorbei, geschwungener, gemauerter Giebel mit einem Sandstein in der Mitte. 1892 oder 1902 bietet sich als Rätsel des Erbauungsjahres an. Auch dieses Häuschen ist mit seiner Rückwand an eine Stützmauer angebaut

 

Den Fahrweg, ein flach ansteigendes Tälchen hoch - und die Karte ist verläßlich, unsere ersehnte Übernachtungshütte. Aus Beton, modern, groß und raumbeherrschend. Wir schließen die Tür, denn auf der anderen Seite ist ein mannsgroßes Loch in die Westwand gebrochen. Auch hier treten wir in Konkurenz zu einem Vogelpaar, morgen in der Frühe seit ihr uns los.

 

Ein herrlicher Morgen, Sonne und Sonntag, ein Blick auf die Bergstrasse einmal auf die andere Seite schauen.

Wir wandern in den Morgen, stehen sehr bald vor einem viereckigem Turm der sich direkt an der Abbruchkante befindet. Doch nicht weit entfernt locken die Zinnen eines Rundturms, zeigt sich eine großzügige Treppenanlage die zu diesem von der Weinbruderschaft Rheinhessen 2000 prämierten und frisch renoviertem Weinberghäuschen/Turm hinauffuhrt. Eine Luxusanlage und das archetypische Bild des Turms im Weinberg kommt einem in den Sinn. Hier konnte einem zwar in den Sinn kommen sich vor einem drohenden Gewitter unterzustellen aber der Hauptzweck war die Repräsentation.

 

Unser Weg zum Bahnhof und somit zu unseren Autos führt über den Friedhof, mit den sehenswerten Grabdenkmälern, vorbei an Kirche und Pfarrhaus in den sonntagmorgendlich geputzten Ort.

Zum Schluß gönnen wir uns einen kurzen Weg zum Ausgangspunkt unserer Wanderung und entdecken das unvergleichliche, leider noch mehr zerfallene Weinbergshäuschen/Schlößchen am Ausgang Richtung Bechtheim. Wie konnten wir es übersehen?

 

Habe ich schon von den Weinkellern an der Hauptstrasse in Gundheim erzählt, dem wunderbaren Handwerkszeichen Bretzel und Paarweck in Abenheim, und dem schönen Cafe in Dalsheim, der Fleckenmauer und davon, dass der wunderbare Sitzplatz an dem unteren Trulli verschwunden ist. Aber das mußt Du selbst entdecken.

 

Richard Lulay

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